Video des Open Day: https://youtu.be/W28niLhIvRY

Voneinander lernen - die zwei Dienstleistungszentren für das Ehrenamt von Bozen und Trient im gemeinsamen Austausch: Zahlreiche Herausforderungen für das Ehrenamt

_____ Mittwoch, 12. Februar 2020

Die beiden Dienstleistungszentren für das Ehrenamt in der Region Trient Südtirol, mit den beiden jeweiligen Sitzen in Trient und Bozen haben am 12.2.2020 erstmals einen gemeinsamen Fortbildungstag rund um die Reform des Dritten Sektors in der Landeshauptstadt abgehalten.

Der Einladung sind zahlreiche Vertreter aus den verschiedensten Organisationsstrukturen im Lande gefolgt. Das angesprochene Vorhaben steht im Zusammenhang mit einer nationalen Kampagne, mit welcher die Aufgaben, Möglichkeiten und Visionen im modernen Volontariat aufgezeigt werden. Man werde das ehrgeizige Ziel verwirklichen, 1200 erfahrene Fachleute in ganz Italien auszubilden, damit diese nachfolgend flächendeckend umfangreich alle Interessierten bzw. Betroffenen in den unterschiedlichsten Organisationsstrukturen im Freiwilligensektor unterstützen und bei der Anwendung der Neuerungen wie auch der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu mehr Sicherheit bzw. ebenso zusätzlicher Transparenz beitragen, so der Präsident der Dachorganisation der italienischen Dienstleistungszentren, Stefano Tabò, der als Gastredner bei der Veranstaltung fungierte.

Zu den großen Problemen des Dritten Sektors in Italien zählen, wie dies auch von den Fachleuten, die im nationalen Netzwerk agieren, angesprochen wird, unter anderem die schwierige finanzielle Situation, der unsicher werdende Zugriff auf Freiwillige, der zunehmende Zwang zur Rechenschaftspflicht und zum Leistungsnachweis gegenüber den Geldgebern und die immer wiederkehrende Rechtsunsicherheit im alltäglichen Wirken.

Und dennoch weist eine Realität wie Südtirol trotz einiger Hürden Beeindruckendes vor. Es sind nämlich rund 500 Mio. Euro, die jährlich von den ehrenamtlichen Vereinen an Leistungen und an „Produktion“, so der Direktor des DZE Südtirol, Ulrich Seitz, hierzulande umgesetzt werden. Das bedeutet fast sechs Prozent der gesamten Wirtschaftsleitung in Südtirol.

Wie gut werden vom Dritten Sektor jedoch die zitierten aktuellen Probleme bewältigt und neue Horizonte angesteuert? Das ist eine Fragestellung, die besonders Luca Gori, ein über die Landesgrenzen hinaus bekannter Experte und Forscher an der Universität „Sant‘Anna“ in Pisa immer wieder in seinen Untersuchungen aufgreift. Er unterstreicht, dass die finanziellen Einbrüche und Schieflagen durch neue „Geschäftsmodelle“ im Ehrenamt aufgefangen werden müssen. Hier gilt es, die Partizipation und Kooperation, wie z.B. mit der Wirtschaft zu fördern, und zwar eindeutiger als dies in der Vergangenheit der Fall war. Die gute Zusammenarbeit mit anderen Akteuren über Sektorengrenzen hinweg muss eingeübt werden. Auch Giorgio Casagranda, der Präsident des Dienstleistungszentrums für das Ehrenamt in Trient appelliert seit geraumer Zeit an ein innovationsfreundliches Klima, auch im Freiwilligen-Engagement. Es muss des Weiteren mehr in die Führungskompetenz der bestehenden und nachwachsenden Führungsgeneration investiert werden, so der Partner aus der Nachbar-Provinz. Sicherlich braucht es darüber hinaus in einigen Realitäten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Öffentlichen Hand, betont er.

Im Rahmen der Veranstaltung unterstrich Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi, dass in vielen Bereichen der Südtiroler Gesellschaft das Ehrenamt längst unersetzlich ist. Ob Freiwillige Feuerwehr, Sportverein oder Jugendbetreuung – ohne Menschen die sich selbstlos und ohne Bezahlung einbringen, geht oftmals im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr.

„Das Ehrenamt ist ein wichtiger Teil der Wertekultur unserer Gesellschaft“, meinte hingegen die Präsidentin des DZE Südtirol, Martina De Zordo. Sie erinnert, dass die Stärke unserer ländlich geprägten Region von Menschen lebt, die sich mit Herz und Tatkraft für ihre Heimat engagieren. Wir können die gesellschaftlichen Herausforderungen nur mit einer aktiven Bürgergesellschaft bewältigen und brauchen Menschen, die für andere Verantwortung übernehmen und einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Deshalb gilt es, das Ehrenamt nach besten Kräften auf feste Sockel zu stellen. Interessant ist und bleibt übrigens die Datenlage, was die Entwicklung des Ehrenamtes in Südtirol angeht: Es fällt auf, dass es 55 % Männer, davon 60 % unter 50 Jahren, und rund 75 % Erwerbstätige sind, die Südtirols Gesellschaft regelmäßig mit Zeit am Nächsten beschenken. Bei den Frauen sind es rund 50 % mit einer überdurchschnittlichen hohen Schulbildung bzw. mit berufspraktischer Ausbildung, die bereichernd ins Gewicht fallen.  Martina De Zordo ist davon überzeugt, dass die Freiwilligentätigkeit Zukunft hat. Es gilt, die Menschen zu ermutigen, durch ehrenamtliches und freiwilliges Engagement in der Gesellschaft mitzuwirken. Ulrich Seitz betont hingegen in seinen Ausführungen immer wieder, dass Fähigkeiten, die im Ehrenamt erlernt und gefestigt werden, unbedingt in anderen Bereichen des Alltags hilfreich eingesetzt werden können, wie beispielsweise in der Bildung, Familie und Beruf.

In den nächsten Monaten stehen konkret viele Aufgaben und Arbeiten für Vereine an. Es werden neue buchhalterische, fiskalische, verwaltungstechnische Auflagen und organisatorische Richtlinien erwartet, die gut erklärt und weitergegeben werden müssen.

Das Dienstleistungszentrum für das Ehrenamt Südtirol weist in diesem Sinne darauf hin, dass bis zum 30. Juni 2020 die Frist für die Anpassung der Vereinsstatuten für all jene Organisationen ansteht, die sich entscheiden, im Dritten Sektor tätig sein zu wollen. All jenen, die hierzu Hilfe benötigen, können sich direkt an das DZE Südtirol wenden, und mittels entsprechender Anfrage per E-Mail an info@dze-csv.it, kostenlose Beratungen diesbezüglich einholen, um nachfolgend allen Anweisungen des Gesetzgebers nachkommen zu können.